9. Dezember im Advent

Die koloniale Geschichte: Der 29. April 1947 ...

Der Aufstand gegen die Kolonialmacht

... ist in Madagaskar ein Feiertag und markierte den Beginn des Aufstands von Madagaskar gegen die französische Kolonialherrschaft – eines der wichtigsten und blutigsten Ereignisse in der modernen Geschichte des Landes. 

Madagaskar war seit 1896 eine französische Kolonie. Nach dem Zweiten Weltkrieg hofften viele Madagassen auf mehr politische Rechte und vielleicht Unabhängigkeit, besonders weil viele madagassische Soldaten für Frankreich gekämpft hatten. In der Nacht vom 28. auf den 29. März 1947 begannen auf der Ostküste und im Hochland koordinierte Angriffe auf französische Verwaltungszentren, Militärposten und Plantagen. Ziel war es, die französische Kolonialmacht zu vertreiben. Die französische Armee reagierte mit extremer Härte und ging brutal vor: Dörfer wurden niedergebrannt, Menschen massenhaft hingerichtet. Der Aufstand wurde über zwei Jahre (bis etwa 1949) niedergeschlagen, begleitet von massiven Repressionen, Massakern und Folter. Schätzungen über die Zahl der Toten variieren stark – von 11.000 bis über 80.000 Madagass:innen. 1960 wurde Madagaskar schließlich unabhängig.

Die Aufarbeitung

Denkmal in FianarantsoaDer Aufstand wurde von der französischen Kolonialverwaltung als „kommunistische Verschwörung“ oder „Unruhe“ dargestellt, nicht als Unabhängigkeitsbewegung. Französische Medien und Archive wurden bei der Berichtserstattung zensiert; viele Berichte über Massaker und Folter durften nicht veröffentlicht werden.

Erst in den 1980er- und 1990er-Jahren begannen französische Historiker, das Thema offen aufzugreifen. Dennoch blieb es politisch heikel (ähnlich wie beim Algerienkrieg). Anlässlich des 70. Jahrestags bekannte sich der französische Botschafter dazu, dass der Aufstand „tragische Ereignisse“ gewesen seien, die „nicht vergessen werden dürfen“.  Zwar hat Frankreich sich nicht offiziell entschuldigt, in Reden und diplomatischen Stellungnahmen ist jedoch zunehmend von einer „gemeinsamen schmerzhaften Geschichte“ die Rede.

Präsident Macron und die Aufarbeitung

April 2025: Präsident Macron in MadagaskarErst in diesem Frühjahr sprach Macron bei einer Gedenkzeremonie in Antananarivo über das "blutige Kapitel". Er wolle „die Bedingungen für ein Pardon“ (Vergebung) schaffen. Macron kündigte die Einrichtung einer gemischten Kommission aus französischen und madagassischen Historiker:innen an, die die Repression von 1947, die Dekolonisation und die „Atrocités“ (Gräueltaten) jener Zeit erforschen soll. Er sagte zu, dass „geraubte kulturelle Objekte“ zurückgegeben werden sollen — insbesondere erwähnte er die menschlichen Überreste (z. B. Schädel), die während der Kolonialzeit nach Frankreich gebracht wurden**. (Die Schädel sind von Angehörigen der Volksgruppe der Sakalava; u.a. von König Toara, den die Kolonialtruppen 1897 enthaupteten)

Präsident Macron: „Unsere Anwesenheit hier ist nicht unschuldig und unsere Geschichte ist durch die Jahrhunderte eingebettet, aber mit eminent schmerzhaften Seiten ... Nur Sie selbst können diesen Weg der Vergebung gehen, der zutiefst persönlich ist. Aber wir schaffen die Voraussetzungen dafür, indem wir Ihnen durch diese sehr menschliche, sehr persönliche und sehr symbolische Verbindung ermöglichen, das zu betrauern, was nicht mehr ist."

**Im Herbst erfolgte übrigens eine erste Rückgabe geraubter Objekte